Kulturkreis Haunstetten e.V.

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Georg Käß - Unternehmer, Bürger und Mäzen

Georg Käß, geboren 1823 in Schussenried und gestorben 1903 in Haunstetten war ein erfolgreicher Unternehmer. Zuerst im Bereich der Textilindustrie, später steckt er sein mit Aktien erworbenes Vermögen in die prosperierende Eisenbahnindustrie, u.a. in die Münchner Lokomotivenfabrik Krauss & Cie. AG , in dessen Aufsichtsrat er lange Mitglied war.
Viele Vorhaben der Gemeinde Haunstetten, vor allem im sozialen Bereich, wären durch sein finanzielles Engagement, fortgeführt nach seinem Tod durch seine Frau Karolina und seine Tochter Marie Gräfin Tattenbach, nicht oder nicht so realisierbar gewesen. Sie ermöglichten für die Bürgerschaft wichtige Einrichtungen, die heute alle von der öffentlichen Hand durch Steuern finanziert werden würden.
In der zweiten Hälfte des 19. und zu Beginn des 20.Jahrhunderts stellten viele Unternehmer große Summen ihres Privatvermögens für öffentliche Zwecke zur Verfügung. Der Historiker Jürgen Kocka nennt dies ein "bürgerliches Verhalten par excellence" . Der bürgerliche Mäzen löste so den adeligen Mäzen ab. Aber die Förderung sozialer und kultureller Vorhaben war für sie und auch für Georg Käß kein reiner menschenfreundlicher Selbstzweck. Dadurch wollte man sich von nicht-bürgerlichen armen Schichten abgrenzen, hohe öffentliche Anerkennung und Prestige in der Heimat erreichen und gesellschaftliche Grenzen zum Adel durchbrechen. So erhielt seine Tochter 1927 die Ehrenbürgerwürde Haunstettens.

Neben zahlreichen Spenden für Vereine und individuellen Zuwendungen für Bedürftige, sind einige Projekte noch heute in und für Haunstetten wichtig.

1. Kranken- und Armenhaus

Mit den Mitteln der anlässlich seiner Heirat im Mai 1890 errichteten Stiftung und anderen Zuwendungen konnte die Gemeinde Haunstetten im ehemaligen Gasthof "Zum Jägerhaus" ein Krankenhaus mit 40 Betten einrichten. Das "Jägerhaus" lag damals noch auf bayerischem Territorium; Käß erreichte, dass es auf Gemeindegebiet umgewidmet wurde. Das Armen- und spätere Altenheim wurde in einem Wirtschaftsgebäude des Gasthofs untergebracht. Auch seine Tochter Marie ließ dem Krankenhaus zahlreiche Summen zukommen und bedachte es in ihrem Testament. Das Krankenhaus war bis 1968 in Betrieb. Heute steht hier das Uniklinikum Süd.

2.Friedhof an der heutigen Bgm.-Widmeier-Straße

Bis 1870 wurden die Verstorbenen der Gemeinde rund um die Pfarrkirche St.Georg bestattet. Da der alte Friedhof zu klein geworden war, musste die Gemeinde ein Grundstück erwerben, um einen "neuen" Friedhof anzulegen. Die konnte sie nur mit einem großzügigen Darlehen von Georg Käß und seinen Verwandten Friedrich Martini. 1870 wurde der Friedhof eingeweiht und bereits 1899 vergrößert.. In einem dort 1904 errichteten repräsentativen Mausoleum ist die Grabstätte der Familie Käß.

3. Kirchen

Wegen des starken Anstiegs an Gläubigen ließ Pfarrer Eberhard Spickermann ab 1888 die katholische Pfarrkirche St.Georg um 10 Meter nach Westen verlängern und im Stil des Neobarocks umgestalten. Auch zu dieser Baumaßnahme trug eine großzügige Spende Georg Käß bei. Überdies finanzierte er einen neuen Baldachin-Hochaltar, die beiden Nebenaltäre, eine neue Orgel des Augsburger Orgelbauers Offner und zwölf Apostelfiguren. Seine Frau und seine Tochter trugen zur Finanzierung neuer Glocken im Jahr 1910 bei: eine trug deshalb den Namen "Karolina" und eine weitere hieß "Maria".
Für die Renovierung der Muttergotteskapelle 1906 spendete Karolina Käß einen namhaften Betrag.

4.Eichendorffschule und Kinderbewahranstalt

Durch die zunehmende Ansiedlung von Industriebetrieben stieg die Zahl der Einwohner und ihrer Familien stark an, so dass ein neues Schulhaus notwendig wurde. Damit dieses neue gemeindliche Schulhaus großzügig und funktional gebaut werden konnte, spendete Käß eine erhebliche Summe. Bereits September 1904 konnte Bürgermeister Carl Hüber die neue Schule am heutigen "Georg-Käß-Platz" einweihen. Auch die Gemeindeverwaltung war hier bis 1955 untergebracht.
Das alte Schulhaus von 1888 in der heutigen Dudenstraße wurde mit großzügiger Zuwendung von Georg Käß in seinem Testament 1906 in eine Kinderbewahranstalt umgewandelt und den Klosterschwestern von Maria Stern anvertraut. Es war eine sehr wichtige Einrichtung, da viele Mütter in den Fabriken arbeiten mussten und sich deshalb untertags nicht um sie kümmern konnten. Noch heute ist in diesem Haus ein Kindergarten der Stadt Augsburg untergebracht.

5. Turnhalle

Der damalige TV (heute:TSV) Haunstetten musste als junger Verein seine Turnstunden in den Sälen Haunstetter Gastwirtschaften (z.B. "Zu Sonne") an der Ecke Landsberger/Inninger Straße abhalten. 1914 begann der Verein eine eigene Turnhalle zu bauen, 1916 wurde sie fertiggestellt. Ohne die Spenden für den Baufonds von Marie Gräfin Tattenbach wäre dieser Bau, man sprach von der schönsten Turnhalle Schwabens, nicht realisierbar gewesen. Im April 1945 wird sie durch Bomben vollständig zerstört.

Nicht nur in Haunstetten waren der Unternehmer Käß, seine Frau und seine Tochter als Mäzene engagiert. Zahlreiche Spenden gingen an Schussenried, den Geburtsort von Georg Käß und an die Gemeinden, in denen seine zwei Schlösser standen: Weidenkam (am Starnberger See) und Eurasburg - Hier ließ Gräfin Tattenbach eine Kirche bauen, die 1909 eingeweiht wurde.

Kulturkreis Haunstetten e.V.
Jutta Goßner